Ian beginnt seinen einjährigen Aufenthalt im September 2022 und wird ab dann an dieser Stelle regelmäßig von seiner Zeit in Kanada berichten.

Bericht 1

Am Beginn meines Berichts möchte ich mich kurz selbst vorstellen.

Ich bin 18 Jahre alt und komme aus einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg. Zurzeit besuche ich die Esquimalt Secondary School in Victoria. Ich habe mich für ein Auslandsjahr an einer High School in Victoria entschieden, da die Stadt selbst wirklich schön ist und mit ca. 350.000 Einwohnern, die in und um Victoria leben auch eine überschaubare Größe hat und trotzdem viele Möglichkeiten bietet.

Ich bin mit einer kleinen Gruppe von deutschen Schülern von Frankfurt nach Kanada geflogen. Ich fand es definitiv schön, nicht alleine zu fliegen, da es eine gute Möglichkeit ist, erste Kontakte zu knüpfen und es auf der Reise einfach nicht langweilig ist. Die Reiseplanung und die Reise an sich wurde durch Corona ein wenig komplizierter, weil es mehr Regelungen gab und man mehr Dokumente einreichen musste, wie zum Beispiel einen PCR-Test und einen Impfnachweis. Im Großen und Ganzen war das aber kein Problem.

Die ersten Tage in Kanada habe ich hauptsächlich mit meiner Gastfamilie verbracht, die mir die Gegend gezeigt hat und dafür gesorgt hat, dass ich mich einleben konnte. Nach ein paar Tagen gab es eine Orientation mit vielen International Students. Dabei wurden uns noch einmal die Verhaltensregeln erklärt und wir haben einen generellen Eindruck von Victoria und den Schulen beziehungsweise dem Schulsystem bekommen. Am Tag darauf gab es eine zweite Orientation an meiner Schule, bei der alle International Students von dieser Schule anwesend waren. Dabei wurde uns die Schule gezeigt, ein paar Lehrer vorgestellt und wir haben eine Emailadresse zugewiesen bekommen. Ich würde auf jeden Fall sagen, dass es sich lohnt die Orientations mitzumachen, da man so viele Leute kennenlernt und auch sehr schnell Freunde finden kann. Gerade wenn man noch neu ist, hilft es auf jeden Fall Kontaktdaten auszutauschen. Bei solchen Veranstaltungen ist es sowieso ganz normal alle, die man trifft, danach zu fragen. Wenn man dann schon einige Leute kennt, fällt es (meiner Meinung nach) auch leichter weiteren Anschluss zu finden.

Die erste Woche in der Schule war definitiv interessant, weil das Schulsystem doch ganz anders ist als in Deutschland. Es gibt viel mehr Fächer zur Auswahl und man kann selber entscheiden, in welche Richtung man gehen möchte. In akademischen Fächern, wie zum Beispiel Mathematik, würde ich persönlich sagen, ist das Niveau deutlich niedriger als in Deutschland am Gymnasium. Allerding werden Themen unterrichtet, die in Deutschland nicht angesprochen werden. Es ist generell nicht schwer, aber ich hatte anfangs manchmal Probleme einzusteigen, weil ich nicht richtig verstanden habe, um was es eigentlich geht. Mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt.

In der Schule habe ich mich noch beim Rudern und beim Volleyball angemeldet, was beides super viel Spaß macht. Es ist auch eine gute Gelegenheit, außerhalb des Unterrichts in Kontakt mit Kanadiern zu kommen. Am Anfang habe ich gedacht, dass es sehr schwierig ist, Kanadier kennenzulernen, weil sie oft eher unter sich bleiben und nicht unbedingt viel mit International Students unternehmen. Allerdings haben mir dann einige erzählt, dass sie denselben Eindruck von den International Students haben und sie generell gerne was mit ihnen unternehmen würden.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch herzlich bei Andrea Lüdecke und ihrer Organisation bedanken, die mir diesen Auslandsaufenthalt ermöglicht und so gut geplant haben, dass ich mich zu jeder Zeit wohlgefühlt habe.

Bericht 2

Ich bin inzwischen seit drei Monaten in Kanada und es gefällt mir hier sehr.

Im Folgenden möchte ich exemplarisch von einigen Erlebnissen erzählen. Vorneweg möchte ich allerdings noch sagen, dass es sich immer lohnt auf Angebote einzugehen, die man bekommt und einfach so viele Sachen wie möglich auszuprobieren. Zum Beispiel das International Department an meiner Schule bietet immer wieder Ausflüge beispielsweise zum Schlittschuhlaufen an. Diese Angebote werden auch zumeist von vielen International Students angenommen, sodass ich dabei nie alleine war. Auch sind die Eintrittspreise oft vergünstigt. Ein Eishockeyspiel auf dem ich war, wurde auch vom International Department organisiert und der Eintritt von uns war ein Fünftel des normalen Preises. Dabei war ein ganzer Block nur für uns International Students reserviert, was ziemlich cool war.

Auch die Ausflüge, die für alle International Students in Victoria organisiert werden, kann ich nur empfehlen, auch wenn diese ziemlich teuer sind. Ich war mit einigen Freuden beispielsweise auf einem Skiwochenende in Whistler einem Skigebiet nördlich von Vancouver. Diese Ausflüge sind immer gute Gelegenheiten neue Leute kennenzulernen, auch wenn man mit Freunden hingeht.

Worauf man auch achten kann sind Veranstaltungen, die es in Victoria gibt. Beispielsweise gab es eine Weihnachtsparade bei der ich war, auf der geschmückte und beleuchtete Fahrzeuge durch die Innenstadt fuhren. Dabei wurden sogar Süßigkeiten verteilt.

Schulsport ist auch eine sehr gute Möglichkeit mit Leuten in Kontakt zu kommen. Ich war im Volleyball und im Ruderteam, allerdings sind die Sportsaisons hier sehr kurz. Immer nur ca. drei Monate. Einerseits ist das natürlich gut, da man dazu kommt mehrere Sportarten auszuprobieren, andererseits kann man einen Sport, der einem sehr gefällt auch nur für eine kurze Zeit machen. In Victoria gibt es auch Sportvereine für die meisten Sportarten, allerdings sind diese sehr teuer. Meiner Meinung nach ist der Schulsport definitiv die bessere Alternative, auch wenn es sein kann, dass man eine Zeit lang in keinem Schulteam ist, weil es derzeit keinen Sport gibt, der einem gefällt. Ich spiele zurzeit in keinem Schulteam, aber ich gehe hin und wieder als Zuschauer zu Spielen von unseren Schulteams und das macht auch immer Spaß.

Das Musikangebot an den meisten Schulen ist auch sehr gut und es gibt hin und wieder Konzerte, zu denen man gehen kann. Anders als die Sportarten laufen die Musikangebote meistens über das ganze Jahr. In meiner Schule gibt es einen Chor, mehrere Bands und ein Vokalensemble. Ich persönlich bin nicht sehr musikalisch, aber ich kenne einige, auch Austauschschüler, denen es sehr gefällt.

Bericht 3

Ich hatte die letzten zwei Wochen zum ersten Mal Ferien, seit ich in Kanada bin. Ich fand es sehr ungewohnt, dass zwischen den Sommer und Weihnachtsferien die ganze Zeit Schule war. Deshalb habe ich umso mehr auf die Weihnachtsferien gewartet. Außerdem haben meine Eltern und meine Schwester in Victoria Urlaub gemacht, sodass ich Weihnachten mit ihnen verbringen konnte, was mich natürlich auch sehr gefreut hat.

Am Anfang der Ferien war ich mit ein paar Freunden in Vancouver zum Sightseeing. Wenn man in Victoria wohnt, kann ich das nur empfehlen, weil Vancouver eine wirklich schöne Stadt ist und es Spaß macht mal aus Victoria herauszukommen. Die Anfahrt ist allerdings ziemlich lange, da man die Fähre und verschiedene Busse nehmen muss, um zur Innenstadt von Vancouver zu kommen. Der Preis ist aber relativ gering für die Fähre und die Busse. Es ist allerdings schade, dass der monatliche Bus Pass für Victoria nicht in Vancouver gilt und man sich ein Tagesticket kaufen muss.

An Weihnachten hatten wir ein Apartment in Victoria, wo wir zusammen feiern konnten. Ich fand es richtig schön, Weihnachten mit meiner Familie zu verbringen, aber viele andere Austauschschüler haben erzählt, dass sie es bei ihren Gasfamilien auch genossen haben. Es kommt natürlich auf die Gastfamilie an, aber in den meisten Fällen haben sie am ersten Weihnachtsfeiertag mit der Verwandtschaft gegessen und Geschenke ausgetauscht. Heiligabend wird meistens nicht groß gefeiert.

In Victoria schneit es normalerweise nur ein oder zweimal im Jahr und der Schnee bleibt nur selten liegen. Ich hatte das Glück, dass es gerade über Weihnachten geschneit hat und der Schnee bis Neujahr geblieben ist. Es war wirklich schön weiße Weihnachten hier verbringen zu dürfen, vor allem weil es bei mir zuhause in Deutschland keinen Schnee gab.

An Silvester war ich in Vancouver. Die großen Neujahrsveranstaltungen wurden zwar abgesagt, aber es gab dennoch einige etwas kleinere Feuerwerke. Ich hatte Glück, dass ich mit meiner Familie in Vancouver war, viele andere Austauschschüler saßen an Silvester zuhause, da die Ausgangssperre für uns 22 Uhr ist und die viele Gastfamilien nicht extra etwas unternommen haben.

Das Ganze wurde allerdings von den stetig steigenden Corona Fallzahlen überschattet, weshalb die kanadische Regierung auch neue strengere Regelungen und Kontaktbeschränkungen beschlossen hat. Auch wurde der Schulanfang eine Woche verschoben, sodass die Schulen mehr Zeit haben, ein neues Hygienekonzept zu erarbeiten und sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Jetzt bin ich natürlich gespannt, in welcher Form der Unterricht von nun an gestaltet wird und hoffe sehr, dass es keinen Fernunterricht geben wird. Alle außerschulischen Aktivitäten, die trotzdem von der Schule organisiert wurden, wie zum Beispiel Sportveranstaltungen wurden auch ausgesetzt.

Was ich sehr erstaunlich finde ist, wie schnell die Zeit hier vergeht. Es kommt mir wesentlich kürzer vor, als es in Wahrheit ist. Am Ende des Monats gehen bereits die Austauschschüler, die nur ein halbes Jahr bleiben. Das ist einerseits natürlich traurig, weil einige meiner Freunde gehen müssen, andererseits kommen auch neue Austauschschüler, was auch wieder interessant ist.

Ich bin inzwischen sehr froh über meine Entscheidung ein ganzes Jahr zu bleiben, da ein halbes Jahr doch ziemlich kurz ist, auch wenn es erstmal nicht so klingt. Einige haben sich auch entschlossen zu verlängern, bei anderen war das leider nicht möglich.

Bericht 4

Inzwischen bin ich im zweiten Semester und über die Hälfte meines Auslandsaufenthalts ist vorbei. Gerade jetzt finde ich das eher traurig, weil ich die Zeit hier wirklich schön finde. Bevor ich nach Kanada kam war habe ich mir des Öfteren Gedanken darüber gemacht, ob zehn Monate nicht doch zu lange sind oder ob es nach einiger Zeit langweilig wird und ich eigentlich nur noch nach Hause möchte. Von meinem jetzigen Standpunkt aus ist beides kein Problem. Vor ein paar Wochen sind die neuen International students angekommen und es ist wirklich interessant die ganzen neuen Gesichter zu sehen. Es ist auch ein wenig verwirrend, weil ich inzwischen die meisten Leute an unserer Schule vom Sehen her kannte, zumindest die in den oberen Klassen, und dann auf einmal sind so viele neue Leute da. Ich habe auch einen neuen Gastbruder bekommen, genau wie die meisten anderen International students, die ich kenne. Ich hatte auch Anfangsschwierigkeiten die ganzen neuen Namen nicht zu verwechseln und wer die Gastgeschwister von wem sind, aber das wurde nach einer Weile besser.

Ich habe jetzt auch vier neue Fächer, da es in Kanada ein Semestersystem gibt und man ein Fach nur für ein Semester hat und dann vier Neue bekommt. Meine neuen Fächer sind akademischer, als die von letztem Semester, ich habe jetzt zum Beispiel Englisch. Am Anfang hat das mir ein bisschen Sorgen bereitet, da ich nicht wusste, ob ich mitkomme und alles verstehe vor allem weil es eben auf Englisch ist, aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm. Auch der Arbeitsaufwand mit Hausaufgaben und anderen Projekten hält sich noch in Grenzen, aber das kann auch daran liegen, dass die Lehrer am Anfang des neuen Semesters immer noch netter sind.

Was ich auch sehr schön fand war, dass alle egal ob Kanadier oder International students, total offen sind und man gerade am Anfang des neuen Semesters keine Angst haben muss alleine in einer Klasse zu sein. Man kommt eigentlich immer aufeinander zu um sich kennenzulernen. Dabei hilft es natürlich, wenn man selbst auch die Initiative ergreift und jemanden anspricht, auch wenn man sich dabei ein wenig unsicher fühlt. Es hilft auch wenn man nicht mehr ganz neu ist einige Leute in der Klasse schon kennt, die dann wieder andere kennen.

Ich habe auch ein paar Ausflüge gemacht, obwohl unter der Schulzeit natürlich deutlich weniger Zeit bleibt, als in den Ferien. Ich war einmal beim Bouldern, beim Lasertag und bei einem Eishockey Spiel. Gerade solche Aktivitäten mit Freunden machen sehr viel Spaß und man lernt oft neue Leute kennen.

Die Corona Situation in Kanada hat sich in letzter Zeit auch weiter verschlimmert und inzwischen hatten auch einige aus meinem Bekanntenkreis und von der Schule Corona. Deswegen fehlen immer wieder Schüler und auch Lehrer. Die Situation hier in Kanada ist aber relativ schwer einzuschätzen, weil hier sehr wenig getestet wird. Die meisten Kanadier die ich kenne wurden erst zwei oder dreimal getestet seit dem Beginn der Pandemie. Man weiß also gar nicht ganz genau wie viele eigentlich positiv sind. Es ist auch extrem schwierig sich testen zu lassen. PCR Tests sind sehr teuer, aber auch Schnelltests kann man hier nicht einfach bekommen. Es gibt sie hier nirgends zu kaufen, sondern man kann nur welche beantragen. Diese werden aber auch nur an Personen mit sehr starken Symptomen oder bestimmte Personengruppen mit leichten Symptomen ausgeteilt. Wenn man nur milde oder gar keine Symptome hat kann man kaum einen Test bekommen. Mein Tipp wäre daher, falls im Sommer noch eine ähnliche Situation herrscht, einige Schnelltest aus Deutschland mitzunehmen, wenn man vorhat nach Kanada zu reisen.

Bericht 5

Die letzten Ferien während meines bisher 8 monatigen Aufenthaltes in Kanada sind inzwischen auch schon zu Ende. Ich finde es immer noch ungewohnt, dass es in Kanada so wenige Ferien gibt. Nach zwei Wochen Spring Break geht es weiter bis zum Ende des Schuljahres.

Ich habe vor einer Woche einen neuen Gastbruder aus Japan bekommen, der ebenfalls für 10 Monate bleibt. Koyo geht jetzt noch nicht in die High school, sondern macht einen fünfmonatigen Sprachkurs, bevor er im September in das neue Semester einsteigt.

Er ist wie meine anderen Gastbrüder aus Spanien und Brasilien auch super nett. Ich finde es auch immer schön mehr über andere Kulturen zu erfahren und ich bin sehr froh, dass ich mit meinen Gastbrüdern diese Gelegenheit habe. Da Kojo bisher erst seit drei Jahren Englisch in der Schule hatte, versteht er nicht alles und es fällt ihm manchmal schwer sich auszudrücken. Aber, wenn man sich aber Zeit lässt geht das alles.

 

Die Corona Situation hat sich auch mit Blick auf den Sommer ein wenig verbessert. Es wurden so gut wie alle Maßnahmen aufgehoben. Es gibt keine Maskenpflicht mehr, auch nicht in der Schule. Den Impfausweis, um beispielsweise in einem Restaurant essen zu gehen, wird auch nicht mehr verlangt.

 

Was mich allerdings gefreut hat, ist, dass jedem Schüler von der Schule fünf kostenlose Corona Schnelltests zur Verfügung gestellt wurden. Auch kann jetzt jeder einmal im Monat in der Apotheke fünf gratis Tests abholen. Einige der neuen international students, die nur für drei Monate bleiben, gehen in ein paar Wochen auch schon wieder. Dadurch ist mir nochmal aufgefallen, wie froh ich bin, dass ich zehn Monate bleiben kann und nicht schon nach drei Monaten abreisen muss.

Gerade im Spring Break hatte ich viel Zeit und habe dementsprechend Einiges unternommen. Ich war beispielsweise einmal beim Bouldern, beim Bowling und in Butchard Gardens.

Außerdem organisiert meine Schule hin und wieder Tickets für Eishockey Spiele, die die Schüler dann kostenlos bekommen, was richtig cool ist. Deshalb war ich auch noch zweimal da. Zu einem Eishockeyspiel zu gehen gehört für mich auf jeden Fall zu den Dingen, die man in Kanada gemacht haben muss.

Auch in der Schule fühlt man langsam, dass das Ende des Schuljahres näherkommt, da die Lehrer allmählich anfangen von den Abschlussprüfungen zu reden und es immer wieder Treffen der 12ten Klasse gibt, bei denen die Abschlusszeremonie und alles geplant wird.

In Kanada gibt es kein Prom, wie in den USA, aber es ist relativ ähnlich wie dort und auf jeden Fall größer, als in Deutschland. Darauf freue ich mich auch sehr und ich denke, dass es bestimmt eines der Highlights meines Auslandsaufenthaltes wird.